Der Wildfisch aus dem Bodensee …

– auch zukünftig vom Berufsfischer?

Der Bodensee, auch Schwäbisches Meer genannt, mit seinen angrenzenden Staaten der Schweiz, Österreich und Deutschland ist eines der beliebtesten Urlaubsziele Europas. Auf Grund seiner besonderen Lage und seiner Reize gewinnt der See neben dem internationalen touristischen Aspekt auch für immer mehr Menschen zunehmend eine große Bedeutung dort zumindest einen Teil Ihres Lebensmittelpunktes zu verbringen. In enger Verbindung zum See steht auch die Fischerei, bzw. die Fische die von den Fischern im Bodensee gefangen und über die örtliche Gastronomie oder per Direktvermarktung vom Fischer selbst verkauft werden.

Bereits im Jahr 1893 wurde mit der Bregenzer Übereinkunft international die Fischerei am Bodensee zwischen den 3 Anliegerstaaten geregelt. Nur wer ein Fischereirecht (Patent) besitzt oder eine Angelkarte erwirbt, darf am oder im Bodensee zum Fischfang gehen.Nun mehr seit mittlerweile 125 Jahren gelten diese Regelungen zur Fischerei am Bodensee. Immer mehr sind die Fischer aber den Zwängen, die von Politik und Behörden aufgestellt werden ausgesetzt, bzw. sind diesen regelrecht ausgeliefert. Parallel dazu leben und kämpfen die Berufsfischer auch mit den Naturwidrigkeiten, die ein See dieser Größenordnung mit sich bringt und der Nährstoffknappheit des Sees.
Die Fang Erträge der Berufsfischer am Bodensee Obersee befinden sich seit einigen Jahren auf dem niedrigsten Niveau seit darüber Statistiken geführt werden. Auch das Fang Jahr 2017 hat diesen rückläufigen Trend weiter bestätigt. Nur knapp 22 t Felchen, der bekannteste Bodenseefisch, konnten die Bayerischen Fischer im vergangenen Jahr anlanden.
Das ist das zweitschlechteste Fangergebnis seit Aufzeichnungsbeginn im Jahr 1914. Die Gründe dafür sind vielschichtig, aber es gilt als unbestritten, dass ursächlich die fehlenden Nährstoffe im Bodensee dafür verantwortlich sind.
Um der Gewässerverschmutzung Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre Einhalt zu gebieten wurden damals rund um den Bodensee Kläranlagen als Maßnahme zur Gewässerreinhaltung installiert. Die in weiterer Folge zusätzlich eingerichtete 3.Klärstufe, die sogenannte »Phosphatausfällung«, entzieht den für das Wachstum so wichtigen Nährstoff.
Zu Ihrem besseren Verständnis, der gesamte biologische Wachstumsprozess im See hängt vom fehlenden Phosphat ab. Phosphat ist der »Minimumfaktor«, der in jedem Gewässer die gesamte Nahrungskette (Phytoplankton/Zooplankton) beeinflusst und damit für den Fischbestand und die Fang Erträge insgesamt in einem Gewässer verantwortlich ist. 

Die Berufsfischer stellen keineswegs die notwendigen Reinhalteprogramme der vergangenen 40 Jahre in Frage, doch die Wasserqualität im Bodensee ist seit vielen Jahren wieder in einem hervorragenden Zustand. Die Ziele der Gewässerreinhaltung hinsichtlich der »Überdüngung« sind schon seit der Jahrtausendwende erreicht.Im täglichen Betrieb der Kläranlagen, speziell in der 3. Klärstufe, wäre es längst nicht mehr notwendig mit einer 98%igen Reinigungsleistung zu arbeiten.

Es ist wie so oft im Leben, die Dosis macht das »Gift«, wie Paracelsus vor langer Zeit so treffend festhielt, auch im menschlichen Körper spielt Phosphat, ähnlich wie Zucker, Fette, Eiweiß, usw. eine entscheidende Rolle. Sie haben richtig gelesen, jeder Mensch, jedes Lebewesen, jede Pflanze benötigt Phosphat, ohne Phosphat ist generell kein Leben möglich! Um z.B. den Tagesbedarf eines Menschen an Phosphat(P) zu decken, muss man entweder 150 Gramm Käse essen oder 1 Liter Milch trinken. Um vergleichsweise die gleiche Menge P mit Bodenseewasser aufzunehmen, müsste man im Augenblick ca. 120.000 Liter Bodenseewasser trinken.

Beurteilen Sie selber, ob damit von einer Schädigung für Mensch oder Gewässer gesprochen werden kann. Die Wasserqualität, das Trinkwasser und die Badequalität leiden keineswegs, wie so oft vom Gewässerschutz behauptet, unter etwas mehr Nährstoffen. Überdurchschnittliche Nährstoffeinträge, wie z.B. beim letzten großen Hochwasser im Sommer 2016 haben dies deutlich aufgezeigt, leider treten diese aber nur selten auf.
Da unser »Brotfisch« der überregional bekannte Bodenseefelchen wegen dem resultierenden Nahrungsmangel mittlerweile zur Rarität geworden ist, muss dieser speziell in den Sommermonaten überwiegend von anderen Seen oder aus dem Ausland an den Bodensee geliefert werden!
Die Bodenseeberufsfischer machten daher seit Sommer 2014 mit einer Internationalen Aktion aller Bodenseefischer »Rettet den Bodensee - Ein Juwel hungert« über die Fehlentwicklung am Bodensee aufmerksam. Im April 2017 konnten die Berufsfischer dann auf einer Pressekonferenz in Güttingen (Schweizer Bodenseeufer) insgesamt 25766 Unterschriften aus der Bevölkerung rund um den See der Politik und den zuständigen Behörden übergeben.

Wie stellte der Drogeriemarktgründer Götz Werner so treffend fest: „Wer etwas wirklich will sucht Wege, wer etwas nicht will sucht Gründe“.

Bisher folgte auf die Petition leider keine Resonanz aus Politik und der zuständigen Behörden eben diese Wege zu suchen, bisher werden immer Gründe gefunden oder gesucht etwas nicht zu machen.
Ein diskutierter Lösungsansatz in Baden-Württemberg den so beliebten Felchen aus dem Bodensee in Netzgehegen im Bodensee per Aquakultur zu produzieren, konnte mittlerweile auf Druck von zahlreichen Verbänden und »Gott sei Dank« zu den »Akten« gelegt werden.
Einen Fehler mit dem nächsten Fehler beheben zu wollen ist sicherlich ein falscher Ansatz zur Problemlösung am Bodensee. Ähnlich verhält es sich nun mit einem weiteren Lösungsansatz, der seit 2015 von der Internationalen Bodenseekonferenz für Fischerei, kurz IBKF, diskutiert und beschlossen wurde.

Es müssen bis 2020 ein Drittel aller Fischerei Rechte(Patente) eingezogen werden, damit weniger Fischer mehr Fische fangen können / sollen. Sicherlich ein legitimer Gedanke, aber in der Realität der völlig falsche Weg. Bei der Größe des Bodensees, können diese dann wenigen Fischer den See niemals ordentlich bewirtschaften. Waren Anfang 1900 noch über 400 Fischereirechte am Bodensee, so sollen diese jetzt bis 2020 auf dann nur noch 80 Rechte dezimiert werden.

Über Jahre hinweg mussten die Fischer eigene Wege suchen den finanziellen Einbruch, auf Grund der fehlenden Fisch Erträge, am Jahresende auszugleichen. Viele Fischer können nur noch zeitweise auf den See fahren, weil Sie einerseits in der Vermarktung ein Standbein aufgebaut haben, andererseits einige die Fischerei teilweise nur noch nebenberuflich ausüben können. Nun wird /muss vom Schreibtisch aus entschieden werden, wer darf zukünftig überhaupt noch auf den See fahren. 

Da die jetzige Fischergeneration spätestens in 10 bis 15 Jahren in Rente geht und dem Fischernachwuchs im Augenblick jegliche Perspektive fehlt, kämpft unser traditioneller Beruf jetzt schon um seine Zukunft. Es macht daher überhaupt keinen Sinn jetzt durch Patententzüge diesen Prozess vorzuverlegen und damit künstlich Härtefälle zu erzeugen, wenn in ein paar Jahren Patente durch mangelnden Nachwuchs frei werden.Parallel dazu wurde auf einer Konferenz im Jahr 2015 eine Übergangslösung beschlossen, die zwischen 2018 und 2020 einzelne Fischer aus den verschiedenen Anrainerländer erstmalig seit 125 Jahren Bregenzer Übereinkunft mit mehr Netzen gegenüber Ihrer Berufskollegen bevorteilt. Durch die Altersstruktur der Bayerischen Bodenseefischer war bereits 2015 klar, dass wir von der Benachteiligung direkt betroffen, bzw. benachteiligt sind. Durch einen Anwalt lassen die Bayerischen Berufsfischer im Augenblick prüfen, ob dies rechtens ist.
Ein positiver Ansatz fand mit dem Dialog Forum »See + Fisch« statt, das von der Internationalen Bodenseekonferenz(IBK) auf Drängen der Politik im Jahr 2016 organisiert wurde. Die verschiedenen Interessensgemeinschaften trafen sich dort unter Leitung von 2 Moderatoren zum Austausch Ihrer Argumente, Forderungen und zum Gedankenaustausch.
Am Ende der insgesamt 3 Veranstaltungen konnte ein bisher nicht erwarteter Minimalkonsens zwischen allen Beteiligten erzielt werden: „dass zwischen Fischertrag und Nährstoffrückgang ein direkter Zusammenhang besteht“ und ein Nährstoffgehalt (P) von 10 mg / m3 dem Bodensee nicht schaden würde. Eine ganze Anzahl offener Fragen, die bisher sehr unvollständig oder gar nicht zur Befriedigung der Fischer beantwortet werden konnten und die das Gesamtökosystem des Bodensees sicherlich beeinflussen stehen aber noch im Raum.

Ist der Bodensee ein Voralpensee oder ein Alpensee, wie er fälschlicherweise eingestuft wurde. Wieviel Phosphat verträgt der See? Könnte das geklärte Abwasser in höhere Gewässerschichten eingeleitet werden? Welche positiven Prozesse finden bei Hochwasserereignissen wie im Jahr 2016 statt? Welche Veränderungen verursacht der Rhein mit seiner Vorstreckung als Hauptzufluss des Bodensees inkl. Schwellbetriebe/Stromgewinnung? Welchen Einfluss haben unsere modernen Botenstoffe, z. B. aktuell Antibiotikaresistente Keime in Gewässer oder Mikroplastik?
In jährlichen Folgeveranstaltungen des Dialog Forums soll die Kommunikation weitergeführt werden, aber Politik und Behörden sind gefordert Rahmenbedingungen zu schaffen, Forschungen voranzutreiben, Ergebnisse umzusetzen und dafür zu sorgen, dass die Bodenseeregion und das einzigartig, hochwertige, regionale Produkt der Wildfisch aus dem Bodensee auch für zukünftige Generationen zur Verfügung stehen.

Auf der Internetseite: www.rettet-den-bodensee.net  finden Sie viele weitere Informationen zur der sicherlich nicht einfachen Thematik. Die Bayerischen Bodenseeberufsfischer würden sich freuen, wenn unsere Ausführungen etwas zur Aufklärung, bzw. Sensibilisierung beitragen konnten.

Unser primäres Ziel bleibt weiter:
Ein sauberes, artenreiches Naturgewässer mit einer gesunden Fauna und Flora, zum Wohle der Bevölkerung, der Touristen und zum Erhalt des Wildfisches aus dem Bodensee für zukünftige Generationen.

Fischereigenossenschaft der bayerischen Bodenseeberufsfischer
Gez. Roland Stohr, 
1. Vorstand Genossenschaft der Bayer. Bodenseeberufsfischer