Vom Schulhaus zum Rathaus

Das Rathaus Nonnenhorn wurde im 19. Jahrhundert als Schulhaus gebaut. Bis Juli 1810 besuchten alle Kinder der Pfarrei Nonnenhorn die Schule in Wasserburg. Auf Anordnung des Königlichen Generalkommissariat in Kempten vom 30.07.1810 mussten die Gemeinden Nonenhorn und Bodolz eigene Schulhäuser errichten, da die zwei Schulabteilungen in Wasserburg für nahezu 300 Schulkinder überfüllt waren. Im November 1811 war der Schulhausneubau mit einem finanziellen Aufwand von 3.114 Gulden und 17 Kreuzer, sowie dem Frondienst der Einwohner abgeschlossen. Die Kinder konnten nun das neu errichtete Schulhaus in Nonnenhorn besuchen.
Im Erdgeschoss war das Klassenzimmer der Volksschule sowie zwei kleine Nebenräume, Waschküche und Abort untergebracht.

In dem 652 m großen Klassenzimmer wurden bis zu sieben Jahrgangsstufen – von nur einem Lehrer – gleichzeitig unterrichtet. Im gesamten Obergeschoss befand sich eine Dienstwohnung, welche dem jeweiligen Lehrer von der Gemeinde zur Verfügung gestellt werden musste. Die Lehrerwohnung wurde bis 1971 genutzt. Von 1887 bis 1899 wurde im Erdgeschoss eine Poststelle – im heutigen Bauamt – eingerichtet. Dazu wurden die Außenfenster vergittert. Lehrer Vinzenz Rueß mit Tochter verwaltet in dieser Zeit die Stelle des Postexpeditors.

 

Neue technische Errungenschaften Anfang des 20. Jahrhunderts   gingen auch am Schulgebäude nicht vorbei. So wurde das Gebäude 1903 an die Wasserversorung der Gemeinde angeschlossen und acht Jahre später auch ans Stromnetz. Trotz dieser Errungenschaften wurde das Gebäude immer baufälliger. Während des 1. Weltkrieges gab es Beratungen über einen Rathausneubau mit zwei Schulsälen und einer Lehrerwohnung sowie dem Verkauf des alten Schulgebäudes. Das Gebäude war bereits an den Obsthändler Jakob Schnell für 12.400 Mark verkauft worden. Der Verkauf war noch nicht protokolliert, als am 28.09.1916 der Referent für das schwäbische Schulwesen, Herr Oberregierungsrat von Rückert, erschien und vom Schulhausneubau abriet, da alle Gelder für den Krieg benötigt wurden.

In den 20er Jahren wurde erneut an einen Neubau oder zumindest die Vergrößerung auf zwei Klassenzimmer auf, wurde aber aus Kostengründen wieder verworfen.

Zumindest konnte 1929 das Gebäude durch den Anbau eines zweigeschossigen Abortgebäudes erweitert werden. Die Baukosten dafür betrugen 4.500 Reichsmark. Ab 1950 verbesserte sich die Situation der Schüle erheblich durch den Umzug in die neue Schule nebenan. Somit konnte das alte Schulhaus anderweitig genutzt werden.

Von 1950 bis 1978 wurde das Erdgeschoss als Rathaus und Gemeindeverwaltung genutzt. Im Zuge der Gebietsreform wurde am 01.07.1978 die Verwaltungsgemeinschaft mit Bodolz und Wasserburg gebildet. Daraufhin erfolgte der Auszug der Gemeindeverwaltung. Das EG wurde dann für den Religions- und Werksunterricht sowie vom Verkehrsamt genutzt. 1982 bezog das Verkehrsamt die Räumlichkeiten der ehemaligen Likörfabrik »KÖNO«, welche zu diesem Zweck zur Mehrzweckhalle »Stedi« umgebaut wurde. Das OG wurde von 1971 bis 1993 an Familie Höpfl vermietet. Alfred Höpfl wurde 1972 beim Bauhof der Gemeinde angestellt. Nach einem ca. halbjährigen Leerstand des Gebäudes und der Auflösung der Verwaltungsgemeinschaft Bodolz, Nonnenhorn, Wasserburg, nahm die Gemeinde Nonnenhorn den Dienstbetrieb als Rathaus und Gemeindeverwaltung nach einer Restauration des Gebäudes am 01.07.1994 wieder auf.

Notwendige Grundsanierung ab 2015
Hauptursachen für die entstandenen Schäden am Gebäude, die die aktuelle Sanierung des Gebäudes für erforderlich machten, waren in der Vergangenheit:
- Das Aufbringen eines nicht atmungsaktiven Fassadenanstrichs. Durch die im Laufe der Jahre gebildeten Risse in der Fassade drang Wasser in die Putzschicht ein, das aufgrund des dichten Anstrichs nur noch nach Innen ausdiffundieren konnte.
- Die Stilllegung der ursprünglich vorhandenen Kellerdurchlüftung.
- Das Entfernung tragender Gebäudeteilen im Bereich des Kellergeschosses.

Mit der Grundsanierung des Gebäudes erfolgten im Wesentlichen sowohl statische Ertüchtigungsmaßnahmen, als auch das Aufbringen eines Wärmedämmputzes, einer Sockelabdichtung, die Wiederinbetriebnahme der Kellerdurchlüftung und der Einbau neuer Fenster. Der Sitzungssaal wurde durch die Zusammenlegung von drei Räumen erweitert. Durch das Entfernen von Zwischenwänden wurden auch die Büros des Bürgermeisters und des Bauamts großzügiger gestaltet.

Der ehemalige Abortanbau wurde abgerissen und durch einen größeren zweigeschossigen Anbau ersetzt. In ihm befinden sich nun der Serverraum, Toilettenräume das Aktenarchiv und ein Personenaufzug (barrierefrei).

Im Zuge einer denkmalpflegerischen Voruntersuchung wurden unter anderem die ehemaligen Farbanstriche des Gebäudes ermittelt. Der heute aufgebrachte Fassadenfarbton und die der Fensterläden entsprechen hierbei der ursprünglichen Farbgebung. Die heute am Gebäude befindlichen Lisenen (Gebäudekanten) und ehemaligen Kapitelle (oberer Abschluss der Lisenen) wurden erst im dritten Reich angebracht, um die Architektur des Kaiserreichs zu entfremden.

Christian Scheck, Ortsheimatpfleger

Nachfolgend Bilder der gelungenen Sanierung