Kurt Eisner …

Revolutionsministerprasident des Freistaates Bayern

Kurt Eisner kam am 14. Mai 1867 in Berlin als Sohn des jüdischen Textilfabrikanten Emanuel Eisner sowie dessen Frau Hedwig, geb. Levenstein, zur Welt. In Berlin besuchte er eine christliche Volksschule sowie ein christliches Gymnasium und bestand 1886 das Abitur. Danach studierte er an der Friedrich-Wilhelm-Universität, heute die Humboldt-Universität, Philosophie und Germanistik. Er gab dieses Studium aber nach Vorbereitungsarbeiten für seine Doktorarbeit über den Dichter Achim von Arnim 1889 auf.

Nun begann er in verschiedenen bürgerlichen Zeitungen in Hessen eine Laufbahn als Journalist und erregte erstes Aufsehen als geschliffener Kritiker des Philosophen Friedrich Nietzsche. 1892 heiratete er die evangelische Malerin Auguste, Ludowika Elisabeth Hendrich, welche mit ihm fünf Kinder hatte. In seiner Marburger Zeit begann er damit, sich grundsätzlich an der Aufklärungsphilosophie Immanuel Kants und dessen moralischem Imperativ zu orientieren: „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne“. 1897 wurde Eisner auf der Grundlage seiner zeitkritischen Berichte in einer Berliner Zeitschrift wegen »Majestätsbeleidigung« zu neun Monaten Haft verurteilt.

Nach Eisners Haftentlassung warben führende Personen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, SPD, um diesen. Programmatik sowie das damalige Ziel der SPD, eine sozialistische Gesellschaftsordnung, sagten Eisner durchaus zu, obwohl er selbst kein Marxist war, sondern als »roter Kantianer« einen libertären Sozialismus vertrat. Im Spätsommer 1898 holte ihn der Chefredakteur der zentralen SPD-Parteizeitung  »Vorwärts« in dessen Berliner Redaktion, um das Niveau des Mediums zu heben. Zum Jahresende 1898 trat Eisner der SPD als Mitglied bei. Rasch wurde er einer der einflussreichsten Redakteure des »Vorwärts«.

Während der politischen Konflikte innerhalb der »Vorwärts«-Redaktion sowie mit führenden Vertretern der SPD, gehörte Eisner zu jener Redaktionsmehrheit, welche 1905 von sich aus kündigte. In der damaligen Grundsatzdebatte über die Rolle eines politischen Generalstreiks (»Massenstreikdebatte«) vertrat Eisner eine Auffassung, die unterschied zwischen dem Generalstreik, welcher als Mittel zur Überwindung des Kapitalismus dient und dem Massenstreik, welcher zu Erlangung bzw. Verteidigung von politischen Grundrechten diene. Nicht mehr fest angestellt, schrieb Eisner trotzdem weiter im Dienste der SPD. Gleichzeitig veröffentlichte er erste eigene Bücher.

Ende 1906 nahm Eisner das Angebot an, in Nürnberg Chefredakteur der in Nordbayern einflussreichen sozialdemokratischen »Fränkischen Tagespost« zu werden. Gefragt, warum er von Berlin nach Bayern ziehe, antwortete er, dass viele Menschen in Bayern weit freiheitlicher gesinnt seien, als im überdisziplinierten Preußen. Außerdem hoffte er, von Nürnberg aus seinen journalistischen Kampf gegen die »Preußische Militärmonarchie« ungehinderter fortsetzen zu können. Seine Ehe war zu dieser Zeit bereits zerrüttet und Ehefrau Elisabeth blieb mit den Kindern in Berlin.  Doch erst 1917 wurde die Ehe juristisch geschieden.

Von 1907 bis 1910 arbeitete Eisner als Chefredakteur der »Fränkischen Tagespost«. Im Jahre 1909 erlebte er auf dem SPD-Parteitag eine politische Niederlage, da seine eindringlichen Warnungen vor einem drohenden Weltkrieg von der Parteitagsmehrheit ebenso in den Wind geschlagen wurden, wie seine Vorschläge zu einer grundlegenden Verfassungs-, Militär-, Schul-, Strafrechts-, Arbeitsrechts- und Reichsreform. Hinzu kam die hauptsächlich parteiintern erfolgte Skandalisierung seines Liebesverhältnisses mit der deutlich jüngeren Mitarbeiterin Elise »Else« Belli.

1910 kündigte Eisner seine Arbeit in Nürnberg und zog nach München. Hier arbeitete er als freier Journalist und Schriftsteller für die wichtigste südbayerische SPD-Zeitung »Münchner Post«, sowie für weitere Zeitungen und Zeitschriften. Provozierend unkonventionell wohnte er zunächst ohne Trauschein mit Else Belli zusammen, heiratete diese nach Scheidung seiner ersten Ehe 1917 und hatte mit ihr zwei weitere Töchter.

Der nationalistische Patriotismus der SPD-Parteiführung ab August 1914 erregte sein Misstrauen. Er betrachtete diese Kriegszustimmung als Verrat an der bisherigen internationalistischen Kriegsgegnerschaft der Sozialdemokratie. Der Parteivorstand in Berlin untersagte ihm daraufhin jegliche weitere Tätigkeit als Kriegsberichterstatter.

Im April 1917 gehörte Kurt Eisner zu den Gründungsmitgliedern der den Krieg bekämpfenden neuen Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, USPD. Im Januar 1918 war er einer der führenden Köpfen des Streiks der Münchner Rüstungsarbeiterinnen und Arbeiter, wofür er achteinhalb Monate in Untersuchungshaft verbringen musste.

Ab 14. Oktober 1918 wieder in Freiheit, war er maßgeblich an der Organisation der ersten Münchner Friedenskundgebung der USPD am 3. November beteiligt. Dieser folgte am 7. November 1918 die große Friedenskundgebung von USPD, SPD und Gewerkschaften auf der Münchner Theresienwiese. Aus dieser heraus bildete sich in der Nacht auf den 8. November Bayerns Revolutionsregierung aus USPD und SPD unter dem neuen Ministerpräsidenten Kurt Eisner (USPD). König Ludwig III. floh vor seiner Absetzung nach Österreich. Bayern wurde durch Einsers Revolutionsaufruf vom 8. November 1918 zur Republik als Freistaat mit gleichen Rechten für Männer und Frauen erklärt.

Im stetigen Widerstreit innerhalb seines Kabinetts mit SPD-Innenminister Erhard Auer, konnte Eisner die Rechte der neuen Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte im provisorischen Bayerischen Grundgesetz vom 4. Januar 1919 nicht durchsetzen. Zwei Wochen später erlitt seine USPD bei den bayerischen Landtagswahlen sowie jenen zur gesamtdeutschen verfassungsgebenden Nationalversammlung deutliche Niederlagen. Auch sein Appell an die europäischen sozialdemokratischen Führer auf dem Genfer Sozialistenkongress vom Februar 1919 verhallte, ohne dass diese ihr Engagement für humane Bedingungen in einem kommenden Friedensvertrag zusagten.

Am 21. Februar 1919, Kurt Eisner war auf dem Weg zur konstituierenden Versammlung des neuen bayerischen Landtages, um dort seinen eigenen und den Rücktritt seiner Regierung zu erklären, wurde er vom Leutnant Anton Graf auf Valley, Mitglied der demokratie-, frauen- und judenfeindlichen »Thulegesellschaft«, auf offener Straße ermordet.

Eisners Frau Else fand von Oktober 1919 bis ins Frühjahr 1920 während der Odyssee ihrer Flucht Unterkunft beim früheren Lindauer Arbeiterrat und zwischenzeitlichen Wirt des Gasthauses »Traube«, heute »Zum Zecher«, Rudolf Kuntscher, in Lindau-Zech.

Karl Schweizer, Lindau